Hier nun die heiß ersehnte Fortsetzung meines Abenteuers gluten-frei. Wie es zum meiner Entscheidung kam mich ab sofort gluten-frei zu ernähren, habt ihr letzte Woche schon hier lesen können. Wahrscheinlich wart ihr genauso überrascht wie ich zu erfahren, dass Fruktosintoleranz-Betroffene eben nicht nur Fruktose, sondern auch auf Weizen und Roggen verzichten sollten. Wie aber genau ging das ganze nun von statten? Was hat sich geändert? Und vor allem, hat die Ernährungsumstellung die hohen Erwartungen erfüllt?
Noch eine kleine Anmerkung vorab: Vielleicht fragt ihr euch, warum ich Weizen und Gluten scheinbar synonym verwende. Grundsätzlich empfiehlt der FODMAP-Ansatz lediglich auf Weizen und Roggen zu verzichten, nicht aber auf glutenhaltige Getreidesorten per se. Zum Beispiel ist Dinkel erlaubt, obwohl es Gluten enthält. Viele Betroffene haben jedoch positive Erfahrungen damit gemacht gänzlich auf Gluten zu verzichten, insbesondere in den ersten Wochen nach der Ernährungsumstellung, die auch als eine Art Karenzphase gesehen werden kann. Daher spreche ich hier in der Regel von Gluten, außer wenn ich konkret Weizen meine.
Rückblende Woche 1
Ich war fest entschlossen mein gluten-frei Experiment durchzuziehen. Vielmehr noch, ich euphorisch. Die ersten Tage hab ich akribisch darauf geachtet kein Gluten zu essen. Ich war so glücklich den FODMAP-Ansatz entdeckt zu haben, dass es mir eher wie eine neue Leidenschaft erschien, als eine zusätzliche Restriktion. Schnitzeljagd gleich, hab mich regelrecht gefreut Lebensmittel nun auf noch eine Zutat hin zu untersuchen. Und jedes mal wenn mir mein Freund beim Frühstück den Brotkorb reichen wollte, hab ich nur schelmisch gegrinst, den Kopf geschüttelt, dankend abgelehnt. Und im selben Moment wo er etwas wie „Du wirst doch ohne Brot nicht satt …“ sagen wollte, hat er sich meist an meinen neuen Ernährungsplan erinnert und nur ein verzweifeltes „Ich weiß nicht, wie ich mir deine ganzen Essgewohnheiten jemals merken soll“ hinterher geschoben. Sorry! 🙂 Das nun auch Gluten auf der no-go Liste steht, sorgt bei den meisten Leuten nur für noch mehr Verwirrung. („Was hat Weizen denn nun bitte mit Fruchtzucker zu tun?“).
An welchen Ernährungsempfehlungen hab ich mich orientiert?
Anfangs hab ich mich meinen Ernährungsplan an den Empfehlungen von Sue Sheperd und einer Liste, die leider nicht mehr online ist. Seit kurzem stehe ich auch im Email-Kontakt mit einer Forscherin der Monash University. Die Monash University ist federführend in der Forschung zum Thema Fructoseintoleranz und hat eine geniale App zum FODMAP-Ansatz veröffentlicht hat, die ich aktuell teste und euch bald ausführlich vorstellen werde. Von der Forscherin hab ich erfahren, dass Sheperd lange schon nicht mehr an der Uni arbeitet und die Empfehlungen auf ihrer Website, denen ich Anfangs gefolgt bin, leider nicht mehr aktuell sind. Hurra, noch mehr Verwirrung. Das Leben wird einem so einfach gemacht manchmal. Daher empfehle ich euch, euch an den von der Monash University ermittelten Angaben und Messwerte für den Gehalt von Fructose und Fructanen zu richten.
Was bedeutete das also konkret für den Ernährungsalltag? Es bedeutete kein Brot, stattdessen, aus Deutschland mitgebrachte Reiskräcker. Keine Nudeln, keine mit mehlangedickten Suppen. Auch meine bisherigen fruktosearmen Keks- und Kuchenrezepte konnte ich knicken. Kein Bulgur und kein Lavash, was den Adana Kebab zu einer einsamen Geschichte werden lässt. Und trotzdem, unterwegs hatte ich anfangs erstaunlicherweise weniger Probleme satt zu werden als erwartet. Häufig lief meine Bestellung auf Suppe und Köfte mit Kartoffeln oder Reis hinaus. Gerichte, die es eigentlich in jedem Restaurant hier gibt. Zuhause sah das etwas anders aus. Schnell war ich es Leid Salat ohne die gewohnte Beilage zu essen. (Warum ist der Mensch bloß so ein Gewohnheitstier?). Und jeden Abend Kartoffelchips (was würde ich ohne sie tun) als Beilage konnte ich mir dann doch nicht schön reden. Statt zu kochen also, erneutes recherchieren. Google Stichwort diesmal „gluten-freie Getreidesorten“. Auch wenn die Naturläden in der Türkei rar gesät sind, hab ich in den wenigen schnell ein paar rettende Entdeckungen gemacht und meinen Vorratsschrank mit Hirse, Buchweizen und Haferflocken aufgestockt. Dazu im nächsten Post mehr.
Fazit der erste Woche: Mir ging es gut. Ich fühlte mich insgesamt leichter und ausgeruhter, was wahrscheinlich daran lag, dass ich die Abende meist Kohlenhydrat frei aß. Ohne einen Teigklotz im Magen schläft es sich einfach besser. Aber, und hier kommt das große aber, ich hab mich lange nicht so gut gefühlt wie Anfangs erhofft. Trotz gluten-freier Ernährung, war ich Abends noch immer aufgebläht. Nicht so schlimm wie sonst, immerhin, aber aufgebläht. Vielleicht war ich zu kritisch mit meiner Einschätzung, wollte mich nicht zu früh freuen und am Ende feststellen müssen, dass die Umstellung auf eine gluten-freie Ernährung doch nicht des Rätsels Lösung ist. War ich zu ungeduldig? Hatte ich irgendwas übersehen?
Rückblende Woche 2
Woche zwei begann mit einer herben Niederlage. Zum Frühstück holte mein Freund für sich und unsere Gäste Brot vom Bäcker. Nicht irgendein Brot, nein, ein noch warmes, knuspriges, fluffig weiches Türkisches Weißbrot. Genau dieses stand dann mit Rührei vor meinen Augen auf dem Tisch. Das gesamte Frühstück über. Während ich mein Rührei mit Reiskräckern aß, starrte mich also dieses frische Weißbrot an. Um es vorweg zu nehmen, ich habe es nicht gegessen. Zumindest nicht während des Frühstücks. Nachdem alles abgeräumt und mein Freund mit unseren Gästen abgezischt war, blieb ich allein Zuhause zurück. Allein mit dem Weißbrot. Was soll ich sagen, es war einfach der Stärkere. Und so hab ich mir zwei Scheiben Brot genommen und gegessen. Einfach so, pur. Während mein Körper, wie jahrelang antrainiert, sämtliche bei dem Geschmack von frischem Brot entstehenden Glückshormone ausschüttete, machte sich gleichzeitig das schon von Zuckerausrutschern bekannte schlechte Gewissen bereit. Es kann doch nicht so schwer sein, von Weizen los zu kommen! Und doch, leider ist dem so, besonders wenn es in Form von frischem Brot kommt. Argh. Oder kann ich vielleicht gar nichts dafür, weil Weizen genauso ein Suchtmittel wie Zucker ist? Würde mich ein Ja, stärker oder schwächer dastehen lassen? Wie auch immer, abgesehen davon, dass ich den Rest des Tages in Selbstmitleid versank, reifte bis zum Abend der „Babybauch“ zur alt bekannten Größe heran. Psychosomatisch? Man weiß es nicht.
Die nächsten Tage gingen wesentlich disziplinierter weiter. Noch einen Rückfall wollte ich mir nicht erlauben. Gegen Ende der zweiten Woche fing ich an mich kränklich zu fühlen. Ich war schlapp und ausgelaugt, hatte Kopf- und Gliederschmerzen. Fühlte sich alles nach einer klassischen Sommergrippe an. Am Abend kam dann ein nicht zu erklärender Durchfall dazu. Am nächsten Tag fühlte ich mich richtig elend. Ich konnte keine fünf Minuten laufen ohne das mir schwindelig wurde. Ich hatte permanent das Gefühl kurz vorm zusammenzuklappen zu sein. Ich hatte keinen Appetit, dafür war mir permanent über. Mit einer Sommergrippe waren die Symptome nicht zu erklären, daher fing ich an zu zweifeln ob das alles wirklich so eine gute Idee war mit dem ohne Gluten. Verweigerte ich meinem Körper dadurch eventuell irgendwelche wichtigen Nährstoffe? Am dritten Tag war ich kurz davor das ganze Experiment platzen zu lassen, bis es langsam zu dämmern begann. So oder so ähnlich ging es mir doch damals auch, als ich von heute auf morgen Fruktose von meinem Speiseplan verbannt habe, oder nicht? Konnten das ernsthaft Entzugserscheinungen sein?
Verzicht auf Weizen und Gluten: Entzugserscheinungen
Ich fing ich an zu recherchieren und es hat nicht lang gedauert, bis ich überzeugt war, dass die letzten drei Tage der Quälerei tatsächlich Entzugserscheinungen waren. Je mehr Erfahrungsberichte ich von anderen „Entzuglern“ las, desto mehr entspannte ich. Das Unwohlsein, die Sorge etwas falsch gemacht zu haben und die Erleichterung, wenn man feststellt, dass es sich um Entzugserscheinungen handelt, die in der Regel nach 4-5 Tagen wieder verschwinden, alles schon von anderen erlebt und ausführlich dokumentiert. Anderen Erfahrungsberichten zufolge kommt erwischen die Entzugserscheinungen einen in den ersten 3 bis 7 Tagen nach „Entzugsbeginn“. Nun war ich zwar schon am Ende meiner zweiten Woche, aber dazwischen lag ja noch der kleine Brot-Ausrutscher. Somit haute alles hin. Je heftiger die Entzugserscheinungen, desto abhängiger, wenn auch unterschwellig, war man von Weizen. Wenn ich diese 4-5 Tage beurteilen sollte, muss ich also ziemlich viel Weizen in mich hineingeschaufelt haben. Ich bin immer noch geschockt, wie heftig mein Körper auf den Entzug reagiert hat. Auch wenn ich solche extremen Entzugserscheinungen niemandem Wünsche, letztendlich ist es ein gutes Gefühl, wenn man merkt, wie der Körper sich anfängt selbst zu heilen, zu entgiften und von dem ganzen Mist befreit, der noch in jeder einzelnen Zelle steckt. Ich hätte nicht besser davon überzeugt werden können, dass es ernährungstechnisch eine meiner besten Entscheidung seit Langem war Gluten in Zukunft zu meiden.
Woche 3 und folgende
In den Wochen darauf ging es steil bergauf. Es geht mir auch mit jedem Tag ohne besser und diesmal wirklich. Der Blähbauch ist mittlerweile so selten zu Besuch, dass ich schon fast vergessen habe, wie das vor drei Monaten mit so war. Ich fühl mich ausgeglichener und leichter. Insgesamt hab merklich weniger Beschwerden als früher. Und, auch wenn ich nicht per se glaube, dass das lediglich an der Umstellung auf eine gluten-freie Ernährung zurückzuführen ist, ein paar Pfunde sind auch gefallen. (Wen freut das nicht? 🙂 Die anfängliche Skepsis, ob das „alles“ wirklich was bringt, hat sich also schnell gelegt. Aber auch ohne Gluten bleiben natürlich die schlechten Tage, an denen man sich einfach nicht gut fühlt, gestresst ist, keine Zeit hat, sein Essen zu planen und vorzubereiten, in der Eile doch etwas isst, was man nicht 100% verträgt. Davon werden wir uns wohl nie ganz lösen können.
Mittlerweile hab ich mich nicht nur, an eine gluten-freie Ernährungsweise „gewöhnt“, wenn man nach so kurzer Zeit schon davon sprechen kann. Zuhase plane ich meine Gerichte jetzt noch ein bisschen mehr, koche viel vor, was dann mal eben schnell in die Pfanne geworfen werden kann. Nach und nach hab ich auch herausgefunden welche Gerichte in den Restaurants tatsächlich „sicher“ sind. Bei einigen als für sicher angenommenen Gerichten hab ich im Nachhinein erst festgestellt, dass sie doch nicht Weizen frei sind. Darunter einige Suppen: Joghurtsuppe mit Minze? Voller Bulgur. Mah. Die nachträgliche Recherche hat auch aufgelöst, warum ich mich in der ersten Woche ohne zwar besser gefühlt habe, aber eben noch nicht richtig gut. Ich hab scheinbar in den ersten Tagen meines Experiments doch einiges mehr an verstecktem Weizen gegessen als gedacht.
Kann ich also von einem erfolgreichen Experiment sprechen? Auf jeden Fall. Nicht nur die heftigen Entzugserscheinungen auch die allgemeine Besserung der Symptome haben mich überzeugt an einer gluten-freien Ernährungsweise festzuhalten. Ihr glaubt gar nicht, was es für Zuwachs an Lebensqualität es ist, wenn man sich nicht mehr so aufgebläht fühlt jeden Tag. Natürlich nur, wenn es einem nichts ausmacht noch wählerischer bei Lebensmitteln zu sein und sich super, mega gesundes Essen zu kochen. 😉 Warum bin ich so fröhlich, so fröhlich, so fröhlich? So fröhlich war ich nie! =)
Eigentlich wollte ich euch am Ende dieses Posts noch konkrete erklären, welche Lebensmittel neu auf den Speiseplan getreten sind, hebe mir das aber für den nächsten Post auf. Sorry für den erneuten Cliffhänger 😉 Achja, ich werd mich zukünftig um kürzere Einträge bemühen. versprochen =)
Hier geht’s zum Post Abenteuer gluten-frei Teil I: Recherche, neue Erkenntnisse und die FODMAP Diät
Weiter mit Teil III? Hier entlang Abenteuer gluten-frei Teil III: Fructose freie Energiebooster
Celine says
danke danke dankeeee für diesen ausführlichen Post. Mir geht es wie Dir und schleppe täglich einen „Babybauch“ mit mir herum, meist schon morgens. Du hast mir erneut Hoffnung gemacht, ich werde mich nun erst einmal durch deinen Blog lesen, aufsaugen, denn ich habe erneut Hoffnung, dass doch alles gut werden kann 🙂
Deniz says
Liebe Celine, danke für deinen lieben Kommentar und willkommen auf Fructopia! 🙂 Ich drücke die Daumen, dass ein paar meiner Tipps vielleicht auch bei Dir für Besserung sorgen. Den Verzicht auf Weizen kann ich absolut empfehlen! Falls Du Fragen hast, schick mir gerne eine Mail, ich freu mich immer über Post! 🙂 liebe Grüße, Deniz
Celine says
Vielen lieben Dank für Deine Antwort und das Angebot. Ich werde mich etwas einlesen und komme dann sicherlich darauf zurück! 🙂
Steffi says
Ich hab aufgrund diverser Magen,-Darm Probleme deinen Blog gelesen und dachte ein Verzicht auf Gluten würde mir helfen, da ich u. a. auch eine Weizenallergie habe. Ich komme damit aber überhaupt nicht zurecht. Ich habe noch nie so gefroren und war noch nie so müde und antriebslos. Die Symptome verschwanden aber auch nicht. Hast du einen Tipp für mich?
Sonst finde ich deinen Blog und deine Rezepte super, da ich mit meiner Fructoseintoleranz ständig am ausprobieren bin.
Salim says
Hallo, ich habe mich ebenso entschieden, auf Weizen und Gluten zu verzichten. Jetzt bin ich beim Tag Nummer 4. Schnell habe ich gemerkt, dass ich leichter bei der Bewegung wurde. Ich kann besser atmen, obwohl ich gar nicht dick bin. Ich bin 173 cm groß und wiege 78 KG. Der Fett am Bauch störte mich immer. Ich habe nun keine Blähungen mehr. Kein Völlegefühl mehr. Alles top. Das einzige Problem ist, dass die Entzugserscheinungen bei mir extrem sind. Ich bin sehr erschöpft und kann meine Augen kaum aufmachen. Ich kann mich nicht konzentrieren. Dauert es lange mit diesen Erscheinungen? Danke im Voraus und beste Grüße.