Vielleicht hast du es schon gesehen, es gibt eine neue Blogreihe in der ich eure zauberhaften Mails beantworte. Heute dreht sich alles um die Frage „Ich habe doch eine Fructoseintoleranz, warum vertrage ich dann kein Weizen?“. Dass ich auf Gluten im Allgemeinen und Weizen im speziellen verzichte, darüber hab schon vor 5 Jahren in diesem Beitrag berichtet. Ein zeitlang hab ich viel mit Dinkel gearbeitet, doch auch das lass ich mittlerweile bleiben. Stattdessen arbeite ich mit Buchweizen, Quinoa, Teff und Hafer, oder sogar gänzlich getreidefreien Alternativen wie Erdmandel-, Leinsamen oder Bananenmehl. Dank dieser Leserinnenmail hab ich mich aber endlich mal wieder damit beschäftig warum das denn eigentlich alles so ist, wie es ist. Falls du dich bei dem Thema auskennst oder weitere gute Artikel kennst, freu ich mich wenn du sie mit uns in den Kommentaren teilst. Und jetzt go:
Liebe Deniz,
mein Leben bekommt seit letzten Montag eine neue Richtung. Das war der Tag MEINER Erleichterung, als der Fructose-Atemtest bei mir erfolgreich anschlug. Erfolgreich, da ich genauso wie Du, erst viele Jahre Beschwerden und belächelnde Ärzte ertragen musste, bis ich verstehe, was mich da so fies ausbremst. Herzrhythmusstörungen, ja haben Sie, aber das haben viele, ist normal, stressiger Job, oder? Und kleine Kinder? Sie sollten weniger Stress haben, dann geht es Ihnen wieder gut. Und googeln sie nicht. Im Netz finden Sie nur Unsinn. Ich heulte jedes mal danach. Ich probierte selber rum, ließ Essen weg, das ich in Verdacht hatte, trotzdem bildete ich mir ein, dass meine Psyche Einfluss nimmt. Nach jedem Arzt schmiss ich hin und wollte jahrelang nichts mehr von ihnen wissen. Ich kämmte mir die Haare vor die Nesselsucht. Am Schlimmsten war, immer wenn ich wieder was „ertappte“ … ich konnte mich irgendwann selber nicht mehr hören. Dann googelte ich und fand einen Arzt in Berlin, der mir weitergeholfen hat. Warum erzähle ich Dir das? Weil Du die Erste bist, die einen Zusammenhang zwischen FM und Weizen beschreibt, ich vertrage nämlich kein Weizen, jedenfalls oft nicht, Weizen knockt mich sogar am Schlimmsten aus (ein Baguette in Paris hat mir einen halben Tag versaut). Warum Weizen?
Ganz liebe Grüße und herzlichen Dank für Deinen Blog, der mir sehr viel Mut macht, A.
Liebe A.,
bei deinem Bericht läuft bei mir ein ähnlicher Film vor den Augen ab. Ich hoffe du hast dich schon etwas eingefuchst?
Das Thema Weizen und Fructoseintoleranz beschäftigt mich in der Tat auch sehr. Vor allem weil in Deutschland fast nie von einem Zusammenhang zwischen Fructoseintoleranz und Weizen die Rede ist, für australische Experten, die Sach jedoch sehr eindeutig zu sein scheint. Dennoch gibt es leider nur wenige Studien und Artikel zu dem Thema.
Was niemand mehr leugnen kann: Die Zahl der Menschen, denen es ohne Gluten besser geht, auch wenn sie nicht an Zöliakie leiden, steigt. Unter Hauptverdacht stehen dabei die sogenannten Fruktane. Ich wollte eigentlich schon seit Ewigkeiten mal wieder zu dem Thema recherchieren. Danke für den kleinen Anstubser durch deine Mail. 🙂 Hier ein kurzer Abriss, was ich heute zum Thema Fruktane gelernt habe:
„Fructane sind eine Gruppe von wasserlöslichen Oligo- und Polysacchariden, die in einigen Pflanzentaxa die Stärke als Speicherkohlenhydrat ersetzen oder ergänzen. Fructane sind nahezu vollständig aus D-Fructose-Einheiten aufgebaut.“ Quelle
Auch wenn ich nicht wirklich verstehe, was es heißt, etwas, das nahezu vollständig aus Fructose-Einheiten aufgebaut ist, lässt meinen zartbeseiteten Bauch direkt zusammenzucken 😀
Spannend ist, dass diese Oligo- und Polysaccharide auch im Fokus der Low FODMAP Diät stehen, die allen Menschen mit Reizdarmsyndrom empfohlen wird. Experten vermuten, dass Fruktane bei Menschen, aber auch bei Pferden, Symptome wie Blähungen oder Durchfall auslösen. So scheint es, dass Fruktane vom Körper, sofern er nicht im Lot ist, nicht verwertet werden können. Das führt dazu, dass die unverdauten Kohlenhydrate im Dickdarm fermentieren. Das Resultat ist der bekannte aufgeblähte Ballonbauch und meist höllische Schmerzen.
Laut Monash University FODMAP diet, eine Ernährungsratgeber-App der Monash University enthalten z.B. folgende Lebensmittel erhöhte Mengen an Fruktanen: Weizen, Gerste, Roggen, Zwiebeln, Soja, Lauch, Bananen, Artischocken, Brokkoli, Rote Bete, Fenchel, Erbsen, Cashewkerne.
Also sind die Fruktane die fiesen Übeltäter? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Denn es gibt auch andere Artikel, die vor allem die positiven Aspekte der Fruktane hervorheben. Fruktane sind rein ernährungsphysiologisch gesehen die perfekte Nahrung für die Darmflora:
„Aufgrund ihrer molekularen Struktur landen sie nahezu unbeschädigt im Darm, wo sich allerlei Bifido- und Milchsäurebakterien über sie hermachen. Davon profitiert ihr Wirt: So erhöht sich bei heranwachsenden Menschen durch die Stimulation der Darmflora die Aufnahmekapazität von Calcium.“ Quelle
Auch im Bereich der Pflanzenforschung ist man ganz begeistert von Fruktanen. In der Pflanzenzucht wird sogar mit neuen Getreidesorten experimentiert, die einen bewusst hohen Anteil an Fruktanen haben:
„Analysen, bei denen der Fruktangehalt verschiedener Weizensorten aus unterschiedlichen Anbauregionen und Umweltbedingungen quantifiziert wurde, zeigten, dass der Fruktangehalt unter Stress steigt. Auch die Zusammensetzung der Fruktane änderte sich. Vieles ist dabei noch unbekannt, aber zumindest wird ein hoher Fruktangehalt mit einer höheren Trocken- und Salztoleranz sowie Kälteresistenz in Zusammenhang gebracht.“ Quelle
Fazit, wie bei allen Dingen gibt es auch hier kein schwarz und kein weiß, kein richtig oder falsch. Was es lediglich gibt ist zu wenig Studien zum Thema. Meine Theorie: Es scheint fast so als seien unsere Körper nicht mit den veränderten Umweltbedingungen, Nahrungsgewohnheiten und Nährstoffzusammensetzung in unserer Nahrung hinterhergekommen. Ist der Verdauungstrakt zudem durch Intoleranzen oder Autoimmunkrankheiten vorbelastet, machen uns unverhältnisgroße Mengen an diesen Lebensmitteln – wir rufen uns nochmal den gängigen Weizenkonsum in unserer Gesellschaft vor Augen – machen uns Fruktane schwer zu schaffen.
Das A und O bleibt, selbst ausprobieren und auf seinen Körper hören. Wie auch du, hab ich für mich herausgefunden, dass ich Weizen schlecht vertrage und es mir ohne Weizen viel, viel besser geht. Auch auf Dinkel und andere Getreidesorten verzichte ich mittlerweile zu 99%. Nur im Urlaub mach ich manchmal bei Sauerteigprodukten eine Ausnahme. Und was die anderen oben aufgeführten, fruktanhaltigen Lebensmittel betrifft, da werd ich einfach nochmal etwas genauer auf meinen Körper hören in Zukunft und darauf achten, wie es mir nach Banane, Fenchel und Co geht. Bisher dachte ich nämlich immer, dass ich all das gut vertrage. So, und das war’s jetzt auch schon mit meiner kleinen Exkursion in die Welt der Fruktane. 🙂
Meld dich jederzeit bei weiteren Fragen. Pass auf dich auf.
Liebe Grüße, Deniz
Und nicht vergessen, ich bin keine Ärztin oder Ernährungsberaterin. Ich beschäftige mich seit 8 Jahren mit dem Thema Fructoseintoleranz und berichte hier von meinen ganz persönlichen Erfahrung.
Heike Jakob says
Liebe Deniz, als aller erstes möchte ich Dir vielen Dank sagen. Nach meiner Diagnose Fructoseintoleranz hat Deine Einstellung zum Thema und Dein Buch mir wirklich weitergeholfen. Aber wie Du selber immer betonst ist jeder Bauch verschieden. So begann die Zeit, in der ich mit einigen Rezepten von Dir nicht klar kam. Hier ist insbesondere Dinkel zu nennen. Ich habe Dinkel noch nie vertragen (enthält mehr Fructose als Weizen), habe aber mit Weizen keine Problem, vorausgesetzt ich backe selbst. Hier ist vielleicht für einige ein Tipp. Es gab mal einen Bericht im Fernsehen zum Thema Backkunst. Hier wurde darauf hingewiesen, dass je länger ein Teig gehen/gären darf, desto besser wird er vertragen, weil eben die langkettigen Zucker abgebaut werden. Ich denke hier liegt das Problem von vielen. Heutzutage wird dem Teig keine Zeit mehr gegeben und damit bläht es in den meisten Mägen. Dinkel muss hingegen einfach etwas mehr Zeit bekommen, sonst wird das Gebäck nichts. Mein Brot geht in der Regel über drei Stunden.
Noch eine kleine Anmerkung für alle die mit Deinem Weihnachtsmenü nicht ganz gut klar kamen. Bei mir ist es so, dass ich Butternutkürbis nicht vertrage (ist der Kürbis mit dem höchsten Fructosegehalt) aber ein Hokkaido oder ein Delicato gehen.
Dir liebe Deniz nochmal Danke für diese Seite. Du bist damit ein Lichtblick im Dschungel der Fructoseintoleranz. Du machst Mut Dinge auszuprobieren, machst aber deutlich, dass es mit Obst weglassen nicht getan ist.
Viele Grüße H.
Deniz says
Liebe Heike, tausend Dank für deinen hilfreichen Kommentar. Ich freu mich riesig, dass ich dir ein bisschen Inspiration geben konnte mit meinem Buch. Ich kann deinen Erfahrungen nur zustimmen. Ich vertrag Dinkel, Roggen, Weizen auch nur noch schlecht, es sei denn es kommt in Form von Sauerteig daher. Das ist die Magie der Zeit. Sauerteigprodukte haben im Vergleich zu schnellverarbeiteten Fertigprodukten die nötige Zeit das Mehl aufzubrechen. Und fermentierte Lebensmittel sind im allgemeinen ja Balsam für die Darmflora (vorausgesetzt man hat keine Histaminintoleranz).
Danke auch für den Tipp mit dem Kürbis. Ich hab nochmal einen Screenshot aus der Monash FODMAP App im Rezept ergänzt, das schafft etwas Orientierung bei der empfohlenen Portionsgröße.
Ich danke dir! Schön, dass es so treue und hilfsbereite Leserinnen wie dich gibt! Deniz
Astrid says
Hallo Deniz,
ähnliche oder gleiche Beobachtungen in Punkto Fruktane habe ich auch gemacht. Ich vertrage schon lange keinen Weizen oder Dinkel. Bananen, Rote Bete, Lauch und Co. sind für mich eine Katastrophe.
Ich arbeite in einer Bäckerei und mein Chef hat eine Produktschulung einer bekannten Bio-Marke für Brot und glutenfreie Backwaren organisiert. Man ließ uns verschiedene Vollkorn -und Vollwertbrote aus Dinkel, Weizen und Roggen probieren. Normalerweise reagiere ich sehr schnell auf Weizen und Co., allerdings bei diesen nicht. Ich weiß, das mein Chef, im Gegensatz zu vielen anderen Bäckereien, dem Brot Zeit gibt zu reifen und zu gären. Vielleicht liegt darin wirklich das Geheimnis….
Allerdings habe ich für mich beschlossen, weiterhin auf glutenhaltiges zu verzichten, da es mir einfach gut tut. Jedoch ist es für mich beruhigend zu Wissen das ich im Notfall auf das Brot meines Chefs zurückgreifen kann.
Viele Grüße
Astrid