Gäbe es das Internet nicht, hätte ich a) wahrscheinlich noch heute jeden Tag Bauchschmerzen und b) würde ich noch immer denken, dass ich die einzige Person auf dem Planeten mit einer Fructoseintoleranz bin. Vor allem weil b) ganz und gar nicht der Fall ist, wird auch a) immer weniger. Oder auf Hochdeutsch, es ist wunderschön, dass man online so viele Leute kennengelernt, die einem auch noch eins A Ratschlägen rund um das zuckerfreie Leben mit einer Fructoseintoleranz geben. Einer dieser Menschen ist Joris. Irgendwann sind wir auf Instagram ins Gespräch gekommen und dank Joris esse ich nun jeden Tag 2 EL Braunhirsemehl. Warum? Das verrät euch Joris heute selbst und zwar in diesem kleinen Interview, das ich mit ihm geführt habe. Die Chance mal ein männliches Wesen zu seinen Erfahrungen mit einer Fructose- und Laktoseintoleranz zu befragen, habe ich mir nicht nehmen lassen 🙂 Bühne frei für Joris!
1. Hallo Joris, stell Dich doch bitte kurz vor!
Ich bin Joris und 22 Jahre alt und studiere in Norddeutschland.
2. Welche Intoleranzen hast Du und seit wann weisst Du davon?
Im Juli 2014 hat mein Arzt wegen unerklärlicher Schmerzsymptome im Bauch ohne äußerlich erkennbaren Grund einige Laboranalysen durchführen lassen, darin wurden Intoleranzen vermutet, weshalb ich später nach einer längeren USA-Reise dann endlich zum Internisten weiter ging. November 2014 wurde eine Fruktosemalabsoprtion und im Dezember 2014 eine Laktoseintoleranz unter Zuhilfenahme eines H2 Atemtests diagnostiziert.
3. Du bist also noch ziemlich frisch dabei. Was hast Du denn als aller erstes verändert?
Ich habe einen Zettel von meinem Internisten erhalten, wo erklärt wurde, was eine Fruktosemalabsorption ist und welches Obst und Gemüse gut verträglich ist. Ich hab bis zu dem Zeitpunkt nicht von dieser Art von Unverträglichkeit gewusst. Als ich las, dass auch Haushaltszucker davon betroffen ist, war ich schon etwas schockiert und erkannte erst das Ausmaß. Auch als ich las, dass auch Äpfel ein unglückliches Fruktose-Glukose-Verhältnis aufweisen und ich jeden morgen über Jahre hinweg Apfel im Müsli hatte, wurde mir klar, woher die Probleme der letzten Jahre kamen.
Zur Karenzzeit: Ich würde sagen ich habe eine weitestgehend konsequente Karenzphase eingehalten, habe mir auf Seiten von Ernährungsberatern, Ärzten und Reformhäusern meine Informationen zusammengesucht und auf eigene Faust mein Glück versucht. Seit der Diagnose esse ich konsequent laktosefreie Produkte, sei es von Minus L, LAC Schwarzwaldmilch (die fruktosefreien Desserts von denen schmecken mir allerdings zu künstlich) oder die Produkte von LIDL. Bei Käse esse ich nur die lang gereiften, laktosefreien Sorten. Reissirup oder Stevia ersetzen bei mir den Zucker. Ich versuche so konsequent wie möglich auf jeglichen Zucker sei es Haushaltszucker, Rohrzucker oder Invertzuckersirup zu verzichten. Inhaltsangaben lese ich sehr genau. Frusano-Produkte finde ich sehr hilfreich und klasse, ich liebe die Zartbitterschokolade. Im Reformhaus gibt es auch viele tolle Produkte und die Menschen beraten einen dort gut. Das hilft einem ein ganzes Stück weiter. Aber jetzt in der Eissaison esse ich schon nochmal zwei Kugeln bei meinem Lieblingsitaliener, weil er das Eis selbst herstellt.
4. Wie geht es Dir seit dem? Merkst du Unterschiede?
Ich fühle mich im Alltag ausgeglichener, belastbarer, positiver und energiegeladener und nicht mehr so unruhig, weil alles im Bauch durcheinander ist. Ein ganz neues Lebensgefühl! Man schafft einfach viel mehr, wenn man sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren kann. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist mehr auf mich und meinen Körper zu hören. Essen ist nicht nur mehr Nahrungsaufnahme oder Bedürfnisbefriedigung, sondern eine richtige Ernährung ist für mich sehr wichtig: Nur wenn ich mich „clean“ und ausgewogen wie auch gesund ernähre, kann ich die positiven Seiten des Lebens beschwerdefrei genießen und bin leistungsfähig, das habe ich verstanden.
Die größten Schwierigkeiten sind ganz klar Restaurantbesuche, Reisen oder Familienfeiern. Besonders, wenn alle so schönen Nachtisch bestellen und man versucht stark zu bleiben, beim Zitronensorbet kann dann aber auch ich nicht nein sagen. 😉 Oder Frühstücken im Hotel, das ist irgendwie schwieriger, wenn man auf die Verpflegung durch andere angewiesen ist. Aber Wurstbrot, Frühstücksei und all so etwas geht ja notfalls immer. Meine Schwester verträgt zum Beispiel kein Gluten und hat einfach immer in einer extra Brotdose ihr eigenes Brot mitgebracht.
5. Welche Empfehlungen hast Du von deinem Arzt bekommen?
Mein Arzt meinte ich solle konsequent keine Früchte mehr essen und auf Fruktose komplett verzichten. Auch wenn er mir ansonsten sehr gut geholfen hat, diese Ansicht fand ich etwas veraltet. Stattdessen habe ich mir lieber Informationen vom Deutschen Verband der Ernährungsberater zusammenrecherchiert, wo gesagt wird, dass ein konsequenter und zu langer „Komplettverzicht“ auf Fruktose sogar zu einer kompletten Verkümmerung des GLUT 5 Transporters führen könnte, weshalb eine Karenzphase niemals zu lang sein sollte (nicht länger als 3-4 Wochen).
Außerdem hat mein Arzt mir empfohlen in der Erkältungszeit Vitamin D Tropfen und Zinkkapseln zu nehmen. Ich bin von der positiven Wirkung beider Ergänzungsmittel überzeugt. Genauso wie von Braunhirse*: Nägel und Haare wachsen davon viel schneller, total verblüffend. (Anmerkung der Redaktion, als mir ;): Joris hat zum Zusammenhang von Fructoseintoleranz und Zimtmangel eine interessante Studie gefunden. Hier könnt ihr sie downloaden)
6. Wo gibt es bei Dir noch immer die größten Fragezeichen im Umgang mit den Intoleranzen?
Beim Essen in Mensen oder Restaurants.
7. Wie sieht momentan ein typischer Tag in Punkto Essen bei Dir aus?
Mein Frühstück besteht meist aus Banane oder Papaya, laktosefreiem Joghurt Amaranth, Quinoa, Buchweizen, Reisflakes, Cornflakes (meist alles Alnatura und zuckerfrei). Manchmal auch aus Buchweizenbananenpfannkuchen. Früher war mein Frühstück viel fruktoselastiger. Zwischendurch habe ich immer Gemüse zum Knabbern mit und ein paar Brote für die Uni.
Mittags gibt es Fleisch oder Fisch mit sehr viel Gemüse dazu Olivenöl oder Leinöl Kartoffeln, Nudeln oder Reis. Ich koche meistens selbst und esse kaum in der Mensa. Nachmittags esse ich gerne fructosefreie Zartbitterschokolade von Frusano oder fruktosefreie Kekse aus dem Reformhaus zum Pott Kaffee. Abends gibt’s Gemüse und Salat, Brot und darauf dann wozu ich Lust habe. War ich noch beim Sport gibts nochmal den vorgekochten Rest vom Mittag oder wozu ich sonst Lust habe.
8. Welche Lebensmitte vermisst Du am meisten?
Das kann ich gar nicht so genau sagen, denn bevor ich von meinen Intoleranzen wußte, habe ich Schokolade gar nicht mehr vertragen und Jahre lang gemieden. Es war so toll, als ich Frusano entdeckte und vorsichtig fructosefreie Schokolade ausprobierte. Nach Jahren wieder Schokolade zu essen, war total super. Schokolade ist auf jeden Fall dazu gekommen.
9. Welche Lebensmittel hast Du neu für dich entdeckt?
Ganz klar Papaya und Maracuja! Ich wusste vorher nicht einmal, wie die beiden Früchte aussehen. Papaya ist zur Zeit auch leicht zu bekommen. Kleiner Tipp von mir für: Legt man Papaya zusammen mit Bananen oder Zitronen in eine Schale, dann reifen sie schneller. Aus Papaya kann man auch leckeres Eis machen.
10. Hast Du ein Lieblings-Wohlfühl-Gericht, dass Du gerne teilen möchtest?
Oh sehr gerne mag ich Buchweizen-Bananen-Pancakes. 2 Eier in die Rührschüssel geben, eine Prise Salz, 2 gemußte Bananen einrühren, dann 200 g Buchweizenmehl und 200 ml laktosefreie Milch, etwas Zimt und alles verrühren, zum Ausbacken in der Pfanne nehme ich Kokosöl, das Rezept sollte für 2 Personen reichen. Die Süße kommt aus den Bananen, sie sind weniger süß als normale Pancakes, aber dafür gut verträglich!
11. Welchen Ratschlag möchtest Du allen anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Einfach die Regel einhalten, die uns unsere Großmütter schon mit auf den Weg gaben: Viel Gemüse essen und nicht so viel Zucker.
Vielen Dank für diesen wertvollen Erfahrungsbericht Joris und für deine positive Art mit deinen Intoleranzen umzugehen!
Und ihr? Habt auch ihr euch in vielen von Joris’ Antworten wiedergefunden? Was sind eure Fragen an Joris?
*Affiliate Link
Martina says
Hey Joris,
dein Problem kenne ich nur zu gut.
So ging es mir auch, wo ich vor knapp zwei Jahren von meinem Internisten erfahren habe, dass ich Fruktose und Laktose „nicht wirklich“ vertrage. Wobei ich von ihm keine Hilfsmittel erhalten habe. Stattdessen bekam ich die Info: „Erkundigen Sie sich im Internet wie Sie sich in Zukunft ernähren sollten!“
Ich finde es bemerkenswert, dass du während des Studiums das konsequent einhalten kannst.
Mir fehlen die Nerven dafür, da ich Schokolade gerade in einer Vorlesung oder vor den Klausuren brauche 😀 und irgendwann meldet sich dann doch der Magen mit der Info: Das war zu viel für heute.
Vielleicht hast du einen Tipp. Ich lebe zwar in Frankfurt, finde aber dennoch nicht so viele Möglichkeiten die Lebensmittel einzukaufen.
Grüße
Martina 🙂
Sally says
Moin zusammen – danke für den tollen Beitrag. Ich bin selbst seit Jahren (fast schon Jahrzenten) von einer starken Fructoseintoleranz betroffen. Überrascht bin ich von Deiner Erfahrung, dass Du Banane und Papaya gut verträgst. Mein Kenntnisstand ist, dass Bananan nur sehr sehr reif für uns essbar sind, weil sich dort angeblich die Frutcose bereits in Glukose gewandelt hat. Von Papaya als fructoseverträgliches Obst habe ich noch nie gehört. Dafür aber, dass Zitrone angeblich ok ist.
Habt ihr da noch ein paar (stichhaltige) Hintergrundinfos für mich? Wäre toll!
Viele Grüße und 1000 Dank! Sally
Deniz says
Hi Sally,
danke, dass du schreibst! Da hast du mit Sicherheit auch schon eine ordentliche Odyssee hinter dir in den 10 Jahren! Wie geht es dir denn aktuell damit? Verzichtest du auch auf Weizen? Meine Quelle des Vertrauens ist die App der Monash Universität zum Thema „Low FODMAP Diet“. Damit erhält man ein sehr gutes Gefühl dafür welche Lebensmittel in welchen Mengen pro Mahlzeit verträglich sind ohne alles mit der Waage akribisch abwiegen zu müssen. Da die Lebensmittel an der Uni untersucht werden und die Datenbank kontinuierlich aktualisiert wird, sind die Angaben ziemlich zuverlässig. Ich hatte bisher noch keine Problem damit. Banane esse ich am liebsten wenn sie noch nicht überreif ist, aber das ist eine Geschmackssache. 😉 Meld dich gerne, falls du weitere Fragen hast! Liebe Grüße, Deniz
Schmidt Barbara says
Hallo, ich bin Barbara und mußte vor 4 Wochen ins Krankenhaus weil Durchfälle und nichts mehr im Magen blieb,dort wurde auch noch Hashimoto festgestellt und Gastritis, also übelst. Seitdem etliche Bücher gelesen zu Fructoseintoleranz und im Internet recherchiert – die Listen für Obst und Gemüse widersprechen sich teilweise krass, viele Gemüsesorten sind auch verboten. Im Dickdarm wird alles was er nicht verarbeiten kann zu Ballastsstoffen umgewandelt und bläht noch mehr – ein Teufelskreislauf! Da fast alles Obst verboten und Gemüse sehr eingeschränkt, habe ich Probleme mit Stuhlgang – Leinsamen und Flohsamen verboten weil reine Ballastsstoffe – also WAS tun??? Wer hat einen guten Tip?
Gruß Barbara
Gerlinde says
Also ganz ehrlich den Spruch mit dem da müssen sie sich selbst ein Bild im Internet davon machen ist ja wirklich schlimm, und dann bekommt man meist noch so eine mickrige Liste in Hand gedrückt bei Fruktosmalabsorption, und nun ja, das wars. Selbst informieren. Aber sicher klar tut man das und ich finda dann auch immer wieder toll auf gerade solche Artikel zu stoßen, die einem weiterhelfen und Wege aufzeigen, sehr cool!
@Barbara Also was du dir auch mal ansehen kannst ist frucotsin, das kann man einnehmen und dabei dann wieder Obst essen, weil anderes im körper umgewandelt wird, vielleicht hilft dir das weiter als Tipp.